Wandel,  Was mich bewegt...

Von Möhren und Gehen und Sinn

Die letzte Nacht war wieder kurz, da Toni sich wieder übergeben musste. Per App habe ich dann noch einen Termin beim Tierarzt heute früh gemacht. Uli (für alle Podcast-Hörer) eine Email, ob ich Zeit hätte für ein kurzes Treffen, was ich leider verneinen musste. Uli fährt öfter hier vorbei, wenn er von dem Wohnort seiner Freundin zurück nach Düsseldorf fährt.

Wegen Corona treffen wir uns dann am See. Dort können wir am Kiosk einen Kaffee für auf die Hand holen. Manchmal gehen wir ein Stück. Heute nicht. Uli und ich tauschten nur in Sekunden Geschenke aus – natürlich jeweils Jakobsweg Geschenke.

Ich sprang ins Auto, schnallte den Hund an und dann musste ich schon los zum Tierarzt. Dort erfuhr ich dann, dass Magen und Darm unter den Hunden um geht und es Toni wohl auch erwischt hat. Zu Hause angekommen kochte ich dann eine Morsche Möhren Suppe.

Möhren schälen

Außer meine üblichen Spaziergänge und etwas aufräumen war ich heute nicht besonders produktiv. Durch die kurze Nacht hielt ich es für angemessen einen Mittagsschlaf zu halten. Sonst verbrachte ich die restliche Zeit mit Dino den Graupapagei. Seit ich so viel Zeit mit Dino verbringe, weiß ich warum man zu manchen Menschen “das ist aber ein lustiger Vogel sagt” – Vögel sind besonders lustig und haben eine ganz eigene witzige Art. In der ganzen Zeit der Trauer hat uns Dino so zum Lachen gebracht. Er liebt es zu singen und zu tanzen, Musik ist seine große Leidenschaft, neben “kaputt machen” und klettern. Er will immer mit reden. Wenn die Familie am Tisch sitzt und sich unterhält möchte er immer mitreden. Er sitzt dann auf meiner Schulter und murmelt irgend etwas und macht uns Menschen nach. Es ist zum schreien. Sein wunderbarer Gesang ist jedoch das Beste.

Den Rest des Abends habe ich mit meinem Kindle und Viktor Frankl verbracht. Was für ein tolles Buch. Viktor Frankl war ein Psychotherapeut und Neurologe, der im KZ war und es überlebt hat. Er beschreibt also aus einer Art Vogelperspektive, was das KZ mit Menschen gemacht Zeit. Es geht um Hoffnung, Ziele und den Sinn des Lebens. Wie konnte das ein Mensch psychisch aushalten?

Oft denke ich darüber nach: Was ist das mit dem Jakobsweg, was so süchtig macht, der Grund warum man ihn immer gerne wieder laufen möchte. Ein großer Teil davon (nicht nur) ist wohl der Punkt, dass der Jakobsweg über 5 Wochen einen Sinn gibt und man auf ein großes Ziel hinarbeitet – Santiago de Compostella. Es ist erfüllend – es stiftet Sinn für einen selbst. Es ist vielleicht aus der Perspektive anderer nicht besonders nützlich, aber nützlich ist auch nicht das Selbe wie Sinn stiftend. Gestern habe ich kurz erwähnt, dass ich im Duden nachgeschaut habe, woher das Wort Sinn kommt. Es kommt von “gehen” auf etwas zu gehen. Vielleicht ist es genau das? Wenn nicht auf dem Jakobsweg, wann dann geht man auf etwas zu? Jeder Tag, jeder Teil, jeder Schritt ist besonders.

Auch heute noch, über zwei Jahre danach, muss ich immer noch min. 4-5km am Tag zu Fuß gehen, die Betonung liegt aus min. Ich brauche das, sonst geht es mir nicht gut: körperlich und psychisch. Mir fehlt etwas, wenn ich nicht genug gehe. Jeden Tag ist das meine heilige Stunde morgens, egal, was vor mir liegt. Ich brauche es, wie ich die Luft zum Atmen brauche.

Buen Camino 🙂

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